ANDERSWO

Kapitel 1
Dennis Ball
von Moritz W.Haus (2002)

Platsch! – Wie eine Bombe fiel der rote Ball in eine Pfütze, der größten in der ganzen Straße und der dreckigsten noch dazu.

„Tor!“ Schrie Dennis laut. Dann  sprang der Junge mit seinen blauen Gummistiefeln in das braune Wasser und verpasste seinem Plastikball einen leichten tritt, so das dieser sich nur schwerfällig aus dem braunen Wasser löste und dann träge ein paar Meter weiter rollte, wo er dann schließlich liegen blieb.

Aber nicht lange, denn schon hatte Dennis erneut zu getreten und diesmal flog der Ball fast zwanzig Meter weit, bevor er auf die nasse Straße platschte und dann mit nur wenigen Sprüngen unter einem geparkten Auto einfach verschwand.

„Oh verdammt noch mal, - nicht schon wieder!“ Schrie Dennis aufgebracht. Wütend stampfte er auf dem, mit zahllosen Schlaglöschen übersäten  Straßenbelag. Der Junge war jetzt wirklich sauer, denn keine zehn Minuten zuvor war sein Ball  in einem Gartengrundstück gelandet, auf dem jemand sein Revier hatte, der Bälle überhaupt nicht leiden mochte. Dort herrschte nämlich „Bestie“, der durchgeknallte Hund von Theo, der bei den Kindern in der Straße genauso unbeliebt war, wie Theo selbst. Eigentlich war „Bestie“ eine Lebende Kugel auf vier Pfoten, denn der Hund war total überfressen und selbst für einen  Mobs, wie „Bestie“ einer war, unglaublich fett.

Zum Glück war Theo, der  hinter vorgehaltener Hand auch „Großkotz“ genannt wurde, nicht zu Hause. Und obwohl auch vom Hund weit und breit nichts zusehen war, hatte es Dennis einiges an Mut gekostet,  das fremde Grundstück zu betreten um dort seinen Ball zu bergen. Er wahr froh, als er wieder auf der Straße gestanden hatte.

Sicher, lieber hätte er  auf einem Bolzplatz gespielt, aber in der Nähe gab es keinen solchen.  Auch keine Wiese, wo er hätte spielen können.
Hinter dem Mietshaus, in dem Dennis zu Hause war, gab es zwar eine große Wiese, aber die Leute aus dem Haus meckerten immer nur herum, wenn er dort spielen wollte.

Allen voran Frau Specht aus dem zweiten Stock. Diese baute sich dann auf ihren Balkon auf und fuchtelte mit ihrer Krücke wild herum, während sie mit zittriger Stimme verkündete: „Mittagsruhe, es ist Mittagsruhe! Geh weg, auf unseren Wäscheplatz darfst du nicht spielen! Die Wäsche wird schmutzig, komm geh schon du Bengel!“

Dabei spielte es übrigens keine Rolle, ob nun grade Wäsche zum trocknen auf den Leinen hing oder nicht. Auch gab es für Frau Specht nur eine Tageszeit, egal ob Morgens oder abends, für sie war immer Mittagsruhe.

Jetzt stand Dennis vor dem Auto, unter dem der Ball verschwunden war. Er bückte sich, um seinen roten Plastikball darunter hervor zu holen, doch zum erstaunen des Jungen, war der Ball spurlos verschwunden.
Verwirrt erhob er sich und schaute jetzt die Straße entlang, mit der Hoffnung, sich geirrt zu haben. Der Ball konnte ja unter ein anderes Auto gerollt sein, doch gab es kein solches.

In der ganzen Straße stand nur ein Wagen, nämlich der, vor dem sich der Junge gerade befand. Nochmals kniete er sich nun auf die Straße hinunter und blickte ein zweites mal unter das Fahrzeug.
Doch der Ball blieb verschwunden.

Stattdessen wurde seine Hose nass. Aber das bemerkte er nicht. Ebenso wenig die Tatsache, das der Regen wieder eingesetzt hatte.
Er war aufgestanden und ging nachdenklich um den Wagen herum. Es handelte sich um einen dunkelblauen Audi 100, dessen Autoscheiben ebenso dunkel, ja fast schwarz getönt waren. Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken, als er erkannte, das man nichts, aber auch gar nichts durch die Schwarzen Scheiben erkennen konnte.

Dennis wich unbewusst ein paar Schritte zurück und dabei fiel sein Blick auf das Nummernschild. „Ball-DDK-4567“ Stand dort mit dicken, roten Buchstaben zu lesen. Der Junge hatte genug gesehen und rannte nun in voller Panik los, rannte noch schneller, als er hörte, wie sich hinter ihm quietschend eine Autotüre öffnete und mit einem dumpfen Schlag wieder schloss.

Er glaubte fliegen zu können, als er das platschende Geräusch vernahm, was ihn jetzt verfolgte. Dennoch hatte er das Gefühl, das Rennen zu verlieren. Endlich kam er schnaufend vor seiner Haustüre zum stehen.
Sie war verschlossen, wurde aber sofort von Frau Specht geöffnet.
„Du Ferkel! Jetzt sieh dir diese Sauerei hier an!“  Schimpfte sie los. Dabei deutete sie auf die Eingangstüre, die Überwiegend aus Glas bestand. Deutlich waren seine  Handabdrucke zu sehen. Der Junge hatte aber andere sorgen und drehte sich langsam um. Fassungslos sah er zu Boden und auf das, was dort lag.
Es war der verlorene Ball, - sein Ball!
 
Abends lag Dennis noch lange wach in seinem Bett und dachte über sein Erlebnis nach. Er glaubte das quietschen der Tür und das platschende Geräusch, was sein Ball machte, als dieser ihn verfolgte, abermals zu hören. Aber je länger er darüber nachdachte, um so mehr verblasste auch dieser Eindruck. Zum Schluss glaubte er, das er einen Tagtraum gehabt haben musste, denn eine andere Erklärung fand er nicht dafür.
Auf der anderen Straßenseite meldete sich Theos Hund zu Wort, der heißer in die Nacht hinaus bellte.

Dennis hatte seinen Eltern nichts von all dem erzählt, weil er zu wissen glaubte, das diese ihn sicher für Verrückt erklärt hätten.

Er lächelte, als er sich vorstellte, wie er seiner Mutter diese Geschichte erzählte: „ ...Und dann verfolgte mich mein Ball und ich rannte um mein Leben, - Mama, bitte glaub mir doch!“... .

Jetzt lachte er laut in das dunkle Zimmer hinein und war bald darauf
Eingeschlafen.

Unter seinem Bett lag bewegungslos sein Ball.
 
Drei Tage später beschloss Dennis mit seinem Freund Dirk Fußball zu spielen. Jedoch nicht auf der Straße, sondern auf dem Sportplatz ihrer Schule, in der sie gemeinsam in die 5. Klasse gingen.
Es war Sonntag und der Regen der letzten Tage hatte eine Pause gemacht.

Die Sonne brannte gnädig vom Himmel herab und so machten sich beide mit ihren Rädern auf dem Weg. Dennis Ball war sicher auf dem Gepäckträger seines Rades untergebracht.

Auf dem Sportplatz war es eigentlich verboten außerhalb der Schulzeiten zu spielen. Doch das hielt unsere Freunde nicht davon ab, trotzdem dort Fußball zu spielen. Die Wahrscheinlichkeit von dem Hausmeister verjagt zu werden, war Sonntags sehr gering.

Sie versteckten ihre Räder in einem Gebüsch und kletterten dann über den stabilen Maschendrahtzaun, der dass Ganze Sportplatzgelände umschloss.
Bald hatten die Jungen sich in ihr Spiel vertieft und keiner von beiden konnte ahnen, das ihr Spiel heute nur sehr kurz sein sollte.
 
Etwa zur gleichen Zeit traf sich Theo mit seiner Bande am Spielplatz des Ortes. Zu seiner Klicke gehörten noch Mike, Till und Max, der Bruder von Mike. Alle drei waren 14 Jahre alt und waren, ebenso wie ihr 15 jähriger Anführer Theo, auf ihren Mofas vorgefahren. Alle Mofas waren schneller als erlaubt und ausgerechnet heute wollten sie auf dem Sportplatz der Schule ein Rennen auf der roten Kunststoffbahn des Platzes austragen. Von Till, dem Sohn des Hausmeisters, wussten sie, das dieser auf Angeltour war und erst am Abend wieder zurück sein würde. Und das war gut so, denn Zeugen konnten sie für ihr Vorhaben nicht gebrauchen.
 
Dirk stand im Tor und schoss den Ball zu Dennis zurück, der etwa zehn Meter entfernt auf den Ball wartete. Dirk hatte einen guten Schuss hingelegt, und so flog der Ball weit über Dennis Kopf hinweg, landete dann auf  der roten Kunststoffbahn und verschwand schließlich in einem Gebüsch. Gerade wollte Dennis  hinüber gehen, als das Gebüsch den roten Ball wieder ausspuckte. Dennis erschrak und musste sofort an sein unheimliches  Erlebnis denken, doch diesmal folgte die Erklärung sofort.

Denn jetzt trat ein blondes Mädchen in Turnschuhen und ausgefransten Jeans aus dem Gebüsch heraus. Es war Kesse, die eigentlich Lisa hieß. Sie war 11 Jahre alt und ging in die selbe Klasse wie Dennis und Dirk. Kesse war übrigens nur ihr Spitzname. „Na, ihr super coolen Boys, darf ich mit euch spielen?“ Fragte sie in ihrer gewohnt überheblichen und kessen Art.

Dirk, der inzwischen zu Dennis gelaufen war sagte: „Ne, Kesse - geht nicht. Wir spielen nicht mit Mädchen!“ „Ach was, wo gibt’s denn so was!“ Sagte Kesse schnippisch, „Ihr Boys wollt sicher mit meinen Papa spielen. Ihr wisst doch wer das ist, oder?“

Natürlich wussten die Freunde es. Ihr Vater war der Hausmeister der Schule und zudem ziemlich unbeliebt. Dirk sah zu Dennis hinüber der immer noch kein Wort gesprochen hatte. Er  stand nur mit offenem Mund da und starrte auf Kesse, so als stände dort ein Geist und nicht das Mädchen.
„Hallo, - Dennis, was ist mit dir? Sag doch auch mal was.“ Sagte Dirk zu ihm und stieß ihn dabei unsanft in die Rippen. Das wirkte. „Tja, da haben wir wohl keine andere Wahl! „ Sagte Dennis, „wir sollten sie mitspielen lassen, denn mit ihrem Vater will ich Bestimmt nicht spielen, du etwa?“

„ Das ist doch glatte Erpressung von dir Kesse! Ich weiß schon warum ich euch Mädchen nicht leiden kann. Ihr seit allesamt kleine Petzen!“ Sagte Dirk aufgebracht.

„Du kannst es dir aussuchen, entweder ich, oder mein Papa macht euch Feuer unter dem Hintern!“ Sagte Kesse überheblich.

Man einigte sich schließlich darauf, das Kesse im Tor stehen sollte. Dabei machten die Jungs eine erstaunliche Erfahrung. Das Mädchen war nämlich wirklich gut im Tor, so gut, das keiner auch nur einen Treffer landen konnte.
 
Inzwischen war auch Theos Klicke am Sportplatz angelangt. Sie  stellten ihre Maschinen ab. Da die Tore zum Platz verschlossen waren, und es Till nicht gelungen war die Schlüssel von seinem Vater zubekommen, hatte Theo eine Spezialzange dabei. Wenn sie nur so auf den Platz gewollt hätten, wäre der Zaun kein Hindernis gewesen. Aber ihre Mopeds mussten mit und grade wollte Theo damit beginnen den Zaun zu zerschneiden, als er die Kinder erblickte, die auf der anderen Seite des Platzes Fußball spielten.

„Was zum Teufel haben den diese Milchzwerge hier zu suchen?“ Rief er seinen Freunden zu. „Sieht so aus, als spielten sie Ball!“ Stellte Till sachlich fest und lachte etwas gehässig. Theo drehte sich zu Till um und sagte: „Deine Kröte von Schwester ist auch dabei, findest du das etwa komisch, ausgerechnet jetzt , wo wir ein Rennen fahren wollen?“
„Kommt, lasst uns lieber verschwinden!“ Sagte Max und sein Bruder Mike rülpste zustimmend.

„Das kommt gar nicht in Frage! Wir klettern jetzt darüber und verjagen sie einfach. Die laufen sicher gleich weg,wenn sie uns sehen!“
Mit diesen Worten schwang sich Theo über den Zaun und der Rest folgte wiederwillig.
 
Die beiden Jungen hatten es immer noch nicht geschafft, Kesse einen Ball in den Kasten zu versenken.

Beide schwitzten und grade war Dennis an der reihe. Er schoss den roten Ball mit voller Wucht gegen das Tor, doch Kesse blockte ihn ab, so das der Ball gradewegs zu Dennis zurück flog.

Dieser konnte ihn nicht halten und so landete er weit hinter ihm im Gras. Sofort drehte er sich um, um den Ball zu holen. Doch da sah er die vier Gestalten auf sich zu kommen und erkannte sofort, das es Theos Bande war.

Er blieb stehen und zu Dirk gewandt, der inzwischen zu Dennis gelaufen war, sagte er: „Ich glaube nicht, das die mit uns Ball spielen wollen!“
„Das glaub ich auch nicht, - komm lass uns abhauen!“ Sagte Dirk nervös.

„Das geht nicht, - Schau, sie haben meinen Ball!“ Wiedersprach ihn Dennis. Dabei drehte er sich zu Kesse um, die sich inzwischen vor dem Tor hingesetzt hatte. Es sah nicht so aus, als würde sie den Freunden zu Hilfe kommen, was nicht verwunderte.

Schließlich war ihr großer Bruder Till grade mit Theos Bande im Anmarsch und das bedeutete in aller Regel Ärger. Inzwischen waren die vier herangekommen und Theo hatte den Ball in einer Hand. Mit der anderen, zog er linkisch eine Zigarette aus seiner schwarzen Lederjacke und steckte sie sich in sein mit Pickeln überzogenes Gesicht.

Selbst bei dieser Hitze zog er seine Jacke nicht aus und Böse Zungen Behaupteten, das er sie auch nachts in seinem Bett noch anbehielt.
Jetzt schnippte er mit den Fingern seiner freien Hand, und sofort eilte Till herbei und gab ihm Feuer.

Theo grinste gefährlich. Seine Stimme klang piepsig, denn er befand sich seit langem in einen nie enden wollenden Stimmbruch.
„Na ihr Memmen, das seit ihr doch, oder?“

Sein Grinsen wurde breiter und er sprach, ohne die Kippe aus dem Mund zu nehmen, weiter. „Ihr müsst Memmen sein, ganz sicher. Das hier ist nämlich ein Memmenball!“
Dennis und Dirk schwiegen. Beide wussten, das die Sache langsam brenzlig wurde und es sicher besser wäre, dieFlucht an zu treten. Aber sie rührten sich nicht und lauschten weiter Theos Vortrag über Memmen.

„Und wisst ihr, warum das ein Memmenball ist?“ Wollte Theo wissen, doch er bekam keine Antwort. „Nun, weil er Rot ist und außerdem aus Plastik!“ Schrie Theo jetzt. Er kam noch einen Schritt näher auf die beiden zu.

Bevor Theo etwas sagen konnte, meldete sich Till zu Wort.
„He Kesse, du kleine Kröte. Verpiss dich lieber. Was jetzt kommt ist nichts für kleine Mädchen, kapiert?“ Rief er seiner kleinen Schwester zu, die immer noch im Tor saß.

Kesse konnte es nicht leiden, wenn ihr Bruder sie Kröte nannte. Aber mehr noch missfiel ihr es, wenn vier große Jungen zwei kleine verprügeln wollten. Und genau das schien Theos Bande grade im Sinn zu haben.

Zornig sprang Kesse auf und stellte sich neben Dennis und Dirk.
„Weißte Till, verpiss dich selber. Ich bleib wo ich bin, basta!“ Sagte Kesse zu Till.

Der war Sprachlos und deshalb ergriff Theo erneut das Wort: „Na schön Kesse, wie du willst. Dann kniet ihr euch jetzt eben alle drei nieder und sagt, das ihr Memmen seit, verstanden!“ Brüllte er jetzt aufgebracht.

Doch die drei rührten sich nicht von der Stelle und Theo wurde etwas unsicher.

„Ach so ist das? – Ihr wollt nicht! Na dann muss ich eueren Ball wohl ein kleines Loch rein Brennen. Was haltet ihr drei Memmen denn davon?“ Wollte Theo wissen. Dabei nahm er seine brennende Zigarette und näherte die glühende Spitze langsam der roten Plastikhülle des Balls.
Dennis kochte innerlich vor Wut. Er war keine Memme, würde es aber werden, wenn er tat, was dieser Spinner von ihm verlangte.

Er wünschte sich, mit seinem Ball Theos dämliches Grinsen, samt seiner stinkenden Zigarette, mit nur einem kräftigen Schuss aus dessen Gesicht  schießen zu können.

Was nun geschah, war unglaublich. Der Ball in Theos Händen machte sich selbständig und dopte dann kurz auf dem Rasen auf, bevor er mit voller Wucht in Theos verduztes Gesicht knallte. Theo wurde aus seinen Schuhen gehoben und  zwei Meter nach hinten geschleudert. Nur gut, das seine Kumpanen dort gestanden hatten, sonst hätte er einen weiteren Flug vor sich gehabt. So bremsten sie ihn ab und fielen dann gemeinsam mit ihren Anführer  zu Boden.

Dennis wollte nicht warten, bis die Bande sich wieder aufgerappelt hatte, sondern trat rasch, gefolgt von seinem Freund Dirk und Kesse, die Flucht an.

Schnell waren sie über den Zaun geklettert und wagten erst dann einen Blick zurück. Theo saß noch immer auf seinem Hosenboden und starte fassungslos auf den Ball, der ihn grade so unsanft aus seinen Stiefeln befördert hatte.

Unschuldig lag der Ball in der prallen Sonne und rührte sich nicht.
Einer Eingebung folgend rief Dennis: „ Komm Ball, komm zu Herrchen!“

Kesse lachte hysterisch auf, verstummte aber gleich wieder, als sie jetzt sah, wie der Ball Dennis Ruf folgte. Er rollte bis zu dem Zaun und sprang dann einfach zu den Kindern auf die andere Seite herüber. Erst vor Dennis Füßen blieb er regungslos liegen.

Dirk fand als erster seine Sprache wieder. „Das glaub ich einfach nicht!“

„Ich auch nicht, es ist mir irgendwie ziemlich Unheimlich!“ Gab Dennis zu.

Theos Bande hatte sich inzwischen aufgerappelt und als sie sahen, wie der Ball Dennis Ruf folgte, grade so, als sei dieser ein Hund, machten sie sich aus dem Staub.
 
Dennis erzählte nun den beiden, was er vor ein paar Tagen mit seinem Ball erlebt hatte. Schließlich sagte Kesse: „Schmeiß ihn doch einfach weg!“

„Sehr witzig, passt mal auf!“

Dennis schwang sich auf sein Rad und fuhr los. Zunächst passierte überhaupt nichts, doch dann rollte der Ball langsam los und folgte seinem Besitzer.

„Irre!“ Mehr konnte Kesse nicht sagen. Dennis drehte und kam zurück, der Ball folgte ihm.

„Seht ihr, was für einen Treuen Ball ich habe?“

Jetzt mussten alle lachen. Dann sagte Dirk: „Und wenn du ihn zurück bringst, ich meine zu dem Auto mit den schwarzen Scheiben, dann...“. Dennis unterbrach ihn. „Das geht nicht, der Wagen ist verschwunden!“
„Was haltet ihr davon, wenn ich euch zu einem Eis einlade. Dann können wir uns in aller ruhe über Dennis Wunderball unterhalten!“ Schlug Kesse den Jungen vor.

„Klar doch, gute Idee!“ Sagte Dennis sofort. Dirk nickte nur mürrisch.
„OK, wartet hier einen Augenblick, ich hole nur schnell mein Rad!“
 
Als Kesse weg war sagte Dirk etwas eifersüchtig: „Sag nur, du hast dich in Kesse verknallt!“

Sofort wurde Dennis rot und sagte: „Ich, spinnst du, oh man- ich hasse Mädchen. Das weißt du doch genau!“

„Aber du kriechst ihr ja förmlich in den Hintern, merkst du das nicht? Und überhaupt wie du sie anhimmelst!“ Stänkerte Dirk weiter.
Bevor die beiden Freunde ernstlich in Streit geraten konnten, erschien Kesse wieder mit ihrem Rad.

„Hab ich was verpasst?“ Fragte sie neugierig.

„Ne, haste nicht!“ Erwiderte Dirk unfreundlich.

„Du Dennis, wenn dein Ball deine Gedanken lesen kann, meinst du, er könnte uns den kürzesten Weg zur Eisdiele zeigen?“ Wollte Kesse wissen.

„Bestimmt kann er das, prima Idee von dir! Mehr sagte er nicht, dachte aber an die Eisdiele und daran, das der Ball sie führen sollte. Sofort setzte sich der Ball in Bewegung und rollte die Straße herunter.
„Ihm nach!“ Schrie Dirk und die Kinder nahmen sofort die Verfolgung auf.

Die Jagt endete zunächst an einem Zebrastreifen. Dort stand Frau Specht, die sich grade anschickte, die Straße zu überqueren.
Sie sah den Ball kommen, sah die Kinder auf ihren Rädern und nahm wohlwollend zur Kenntnis, das Ball und Kinder auch vor dem Zebrastreifen anhielten.

Sie begriff allerdings nicht, wie es möglich war, das ein ganz normaler Ball eine hörbare Vollbremsung machen konnte. Kopf schüttelnd ging sie über die Straße.

Der Ball setzte sich wieder in Bewegung und die Kinder folgten ihm bis zu der Eisdiele. Dort suchten sie sich einen Tisch im Freien. Ein großer Sonnenschirm spendete kühlen Schatten.

„Was möchtet ihr den für ein Eis haben?“ Fragte Kesse die beiden Jungen.

Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort von beiden gleichzeitig: „Wir essen alle Sorten!“ Kesse grinste bis über die Ohren und trottete dann in die Eisdiele um ihre Bestellung zu machen.
„Hast du dir was gewünscht?“ Wollte Dennis von seinem Freund wissen.

Beiden war nämlich bekannt, das, wenn zwei Menschen zur gleichen Zeit das selbe sagten, sie sich etwas wünschen durften. Aber niemals sollte der Wunsch laut ausgesprochen werden da er sonst verfiel und nichts mehr wehrt war.

Dirk war nicht abergläubig, aber liebend gerne hätte er Kesse sonst wo hin gewünscht, doch das hätte bedeutet das er auf ein Eis hätte verzichten müssen, wenn dieser Wunschglaube tatsächlich funktionieren würde. Stattdessen wünschte er sich nur einen echt großen Eisbecher mit viel Sahne oben drauf.

„Ja. Und du? Was hast du dir gewünscht?“

„Das ist doch geheim man, weißte doch!“

Kesse kam zu ihren Tisch zurück geschlendert und sagte ihnen, das ihre Eisbecher gleich gebracht würden.

Dann fragte sie Dennis: „Woher hast du eigentlich deinen Ball?“

Dennis tat so, als könnte er sich nicht recht erinnern. Unsicher blickte er zu seinem Freund hinüber und als dieser zögernd nickte, sagte er:
„Ich habe ihn im Wald in einer Höhle gefunden! Das war letztes Jahr in den Sommerferien. Weißt du noch Dirk, unsere geheime Radtour und dann das schreckliche Gewitter auf dem Rückweg oh man ich sag dir Kesse...“ Hier wurde er von Dirk unterbrochen: „Ja Kesse, du hättest dir sicher in die Hosen gemacht. Überall Bäume, das mögen die Blitze ja und dann dieser Wind. Wir fuhren damals den Berg hinunter, aber glaubst du wir wären von der Stelle gekommen?“

Dirk war nun sehr Aufgeregt und spielte sich mit seinen Fingern an seinem Goldenen Ohrring herum den er im linken Ohrläppchen trug.
„Wir konnten die Räder nur noch schieben, sonst hätte uns der Sturm sicher wie welkes Laub aus unseren Sätteln gehoben und einfach weg gepustet!“ Erzählte er weiter. „Es war ein richtiger Kampf und dann dieser Regen. Der Himmel, schwarz wie die Nacht!  Badewannen weise ergoss sich Eiskalter und irgendwie nach faulen Eier riechender Regen über uns!“

Während Dirk erzählte, hatte die Bedienung 3 Gigantische Eisbecher mit viel Sahne oben drauf auf ihren Tisch gestellt. Dirk bekam das aber gar nicht mit, zu sehr war er in seiner Erzählung vertieft. Er Beschrieb, wie das viele Regenwasser den Waldweg binnen Sekunden überflutete und in eine Art maatschicken Sturzbach verwandelte. Beide konnten sich kaum noch auf den klitschigen vermatschten Boden halten und stürzten mehrmals in die braune Brühe, die ihrer Kleidung sofort jegliche Farbe entnahm und durch ein einheitliches Matschbraun ersetzte.
Hier machte Dirk eine kurze Pause. „Aber das dollste,“ dabei sah er zu Dennis herüber, „wirst du uns wahrscheinlich eh nicht glauben wollen, Kesse!“

Kesse hatte gebannt zugehört und wusste nicht so recht, wie ihr geschah. Mit offenem Mund starte sie ihre Klassenkameraden an. Es war nicht die Geschichte selbst was ihr eine Gänsehaut  bescherte, sondern vielmehr etwas, was sie selbst betraf. Es war ihr so, als erzählte Dirk von einem Film, den sie selbst gesehen hatte. Langsam verschwand die von der Maisonne leicht angesetzte Bräune aus ihrem Gesicht und selbst ihre Blauen Augen schienen zu erblassen.
Dennis ergriff nun das Wort: „Versprich uns, das du niemanden von der Geschichte erzählst. Du bist die erste die sie hört!“ Forderte Dennis nun das Mädchen auf, was immer noch nichts gesagt hatte. Ihre frühsommerliche Bräune war jetzt völlig aus ihrem Gesicht gewichen und mit zittriger Stimme sagte sie: „Ich verspreche es euch.“ 
Sie fühlte sich fast so hilflos wie an ihrem 9 Geburtstag vor zwei Jahren, jenem Tag, an dem sie ihre Mutter zum letzten mal gesehen hatte.
„Schwör es uns!“ Sagte Dirk gebieterisch, dem nicht entgangen war, das Kesse offensichtlich Angst bekommen hatte.

Kesse schwieg und aß schnell einen Löffel von ihrem Eis. Dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle und sagte dann mit leiser, ernster Stimme: „Du brauchst es mir nicht zu erzählen, ich kenne die ganze Geschichte, denn irgendwie war ich dabei und... .“
„Du warst dabei?“  Unterbrach Dennis Kesse und Dirk rief aufgebracht: „Willst du uns verarschen?“

Dirk hatte inzwischen auch sein Eis entdeckt , was sich anschickte stumm vor sich hin zu schmelzen. Rasch ergriff er seinen Löffel um zu retten was noch zu retten war, während Dennis Kesse aufforderte, ihre Geschichte fertig zu erzählen, wenn sie schon dabei gewesen war, wie sie behauptete.

„Genau, mache das! Dann werden wir ja sehen.“ Stimmte Dirk seinem Freund zu.

Und Kesse erzählte: „Ihr beiden habt ausgesehen wie Zombies auf der Flucht und als ein Blitz vor euch in eine mächtige Kiefer einschlug und den ganzen Baum in zwei hälften spaltete, habt ihr euch ängstlich umklammert und geheult wie kleine Babys!“

Jetzt wurden die Jungen blass und vergaßen ihr Eis völlig. Kesse fuhr fort: „Die eine hälfte des Baumes fiel brennend direkt vor euch auf den Weg und so konntet ihr nicht mehr weiter. Und dann, von einer Sekunde zur anderen...“ Hier wurde Kesse von Dirk unterbrochen: „...war der Sturm vorbei!“

Und Dennis fügte hinzu: „Der Himmel war so Blau wie zuvor, das viele Wasser lief rasch ab und die Flammen des Baumes waren erloschen.“
„Aber woher in alles in der Welt weißt du das alles?“ Wollte Dirk von Kesse wissen.

„Ich habe es geträumt!“  War die knappe Antwort. Dann fügte sie  rasch hinzu: „Erst letzte Nacht!“
 
Die drei schwiegen eine Weile. Es war irgendwie zu viel auf einmal, erst die Sache mit Theo, dann der Ball der auf Gedanken reagieren konnte und nun diese abgefahrene Geschichte mit Kesses Traum. Wie konnte jemand etwas träumen, was andere ein knappes Jahr zuvor Erlebt hatten? Warum dieser Sturm, der ganz offensichtlich nur für die Jungen seinen Auftritt gehabt hatte und vor allem, was beendete diesen Sturm so plötzlich. Die Kinder hatten irgendwie alle die gleichen Gedanken und Kesse unterbrach nun das unheimliche Schweigen.

„Der Ball, es war der Ball!“ Rief sie Aufgeregt. „An was hast du damals gedacht, als der Baum auf den Waldweg fiel?“ Wollte sie von Dennis wissen.

„Sicher nicht an dich!“  Dachte Dirk bei sich, lies den Spruch aber unausgesprochen.

„Ich wollte nur, das es aufhört. Ich hatte einfach nur Angst!“ Gab Dennis zu.

„Verständlich, als ich das letzte Nacht von euch geträumt habe, hatte ich auch Angst. Jedenfalls muss ich ganz schön geschwitzt haben. Nur komisch, das ich den Traum schon kurz nach dem Aufstehen vergessen habe.“ Sagte Kesse.

„Das ist halt so mit Träumen. Jedenfalls haben wir nun eine Erklärung für das plötzliche Ende des Sturms!“ Sagte Dirk. „Der Ball hat ihn beendet, weil Dennis daran gedacht hat. Ganz klare Sache!“
z W.Hausbe dem internetschriftsteller



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