Mörderische Geiselnahme

Vorwort

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Wenn ja, dann ist dieses Buch genau das Richtige für dich und deine Freunde.

Der Wettlauf gegen die Zeit beginnt

Vanessa und ihr kleiner Bruder Marco werden entführt. Der unbekannte Mann verlangt immer mehr Geld. An einem Tag rastet er aus und ruft die Eltern an: "Morgen das Geld, oder die Kinder sind tot."

Werden sie es trotzdem noch schaffen, Vanessa und Marco vor dem Tod zu retten?

Die Geiselnahme

An jenem Tag war alles anders. Vanessa schlenderte in die Schule und sah auf dem Schulweg eine blutige Spur. Sie folgte dieser durch dunkle Gassen und weiter in den Wald hinein. Plötzlich hörte sie einen lauten Schrei, der sie erschaudern liess. Obwohl sie grosse Angst hatte, wollte sie herausfinden, woher das Geräusch kam. Sie sah am Boden ein Messer liegen, das rötlich gefärbt war. "Das muss Blut sein!", schoss ihr durch den Kopf.


Im selben Moment kam ihr in den Sinn, dass ihre Mutter von einem gefährlichen Mann, der kürzlich in Grabs eingezogen ist, erzählt hatte. Sie hatte einen Verdacht.

Als Vanessa bei der Stricker Mühle vorbeihastete, bemerkte sie ein altes, verwahrlostes Haus.
Aus diesem hörte sie fürchterliche Schreie und dumpfe Schläge. Durchs Schlüsselloch fiel ein Lichtstrahl nach draussen. Vanessa ging vorsichtig auf die Türe zu, bückte sich und erspähte durch das winzige Guckloch zwei Personen im Innern des Raumes. Dann ging ihr ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter, denn hier versuchte gerade ein kräftiger Mann eine hilflose Frau zu vergewaltigen. Diese versuchte zwar mit Händen und Füssen, sich dagegen zu wehren, aber sie war ihm kräftemässig zweifellos unterlegen.
Ohne lange zu überlegen riss Vanessa die Türe auf und stürzte sich auf den völlig überraschten Täter. Auch die Frau starrte sie mit angstverzerrten Augen bewegungslos an. Vanessa schrie ihr zu, dass sie wegrennen soll. Diese zögerte zwar noch kurz. Doch dann rannte sie, noch etwas wackelig auf den Beinen, aus dem Haus. Nun musste Vanessa zum ersten Mal das im Selbstverteidigungskurs gelernte in einer Notsituation einsetzen. Sie konnte sich zwar lange gegen das sehr kräftige Gegenüber wehren, aber ihre Kräfte liessen je länger der Kampf dauerte merklich nach. Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht und fiel entkräftet zu Boden. Sie konnte keine Gegenwehr mehr leisten. Es war also ein Leichtes für den Täter, ihr schnell eine schwere Eisenkette um die Hände zu legen.

Die dank der Hilfe von Vanessa befreite Frau war in der Zwischenzeit so schnell sie konnte ins Dorf gerannt. Dort traf sie als erstes auf einen Mann, dem sie völlig ausser Atem von dem schrecklichen Vorfall berichtete. Dieser rief unverzüglich das nächstgelegene Spital an, um für die völlig verstörte und verletzte Frau einen Krankenwagen anzufordern.
Vanessa wurde in der Zwischenzeit vom Täter in ein Auto geschleppt und in ein anderes Gebäude gefahren. Damit sie vom Transport und dem neuem Standort nichts mitbekam, wurde ihr kurz ein mit Äther getränktes Tuch auf die Nase gedrückt. Sie schlief bis zum Mittag durch. Draussen hörte sie Stimmen. Es mussten wohl zwei Männer sein, die miteinander diskutierten. Sie konnte zwar nicht alles verstehen, aber das wesentliche bekam sie mit. Man unterhielt sich über die Höhe eines Lösegeldes und besprach die Abwicklung der Geldübergabe.
Als die Polizei zur Befragung der verletzten Frau in den Spital kam, konnte diese noch keine Aussage machen. Die schwere Operation hatte mehrere Stunden gedauert und ihr Gesundheitszustand war noch sehr labil. Zumindest konnte festgestellt werden, dass es sich bei dem Opfer um eine "Frau Müller" handelte.

Der Drohanruf

Nach zwei entsetzlich langen Tagen der Ungewissheit bekamen die Eltern von Vanessa einen Drohanruf. Ein Mann mit verstellter Stimme teilte ihnen kurz und bündig mit: "Geben sie mir 20`000 Fr. - Übergabe bei der alten Stricker Mühle - ohne Polizei, sonst sehen Sie Vanessa nie wieder!"
Herr und Frau Müller benachrichtigten unverzüglich ihren Anwalt. Dieser empfahl ihnen, trotz Androhung des Entführers, Vanessa etwas anzutun, die Polizei einzuschalten. Aufgrund des Anrufes der Erpresser bemerkte die Polizei, dass sie bisher eine komplett falsche Spur verfolgt hatte. Deshalb erkundigte sich der Hauptkommissar unverzüglich nach dem Befinden von Frau Müller, die nun ohne weitere Verzögerung einvernommen werden musste, und ihm wurde seitens der Ärzte das Einverständnis zu einer Befragung erteilt.


Die Geldübergabe

Am darauf folgenden Tag gingen die Eltern von Vanessa zum Anwalt Lensen. Dieser fragt als erstes: "Wann findet denn die Geldübergabe statt?" Die Eltern wussten keine Antwort. Sie waren beim Anruf des Erpressers so verängstigt, dass sie sich unmöglich mehr erinnern konnten, ob überhaupt ein Zeitpunkt genannt wurde. Es war ihnen nur noch im Gedächtnis, dass die Geldübergabe bei der alten Stricker Mühle erfolgen sollte. Herr Lensen überlegte kurz und schlug dann vor, an diesem Objekt ein Plakat mit dem Text &Mac226;Wann findet die Geldübergabe statt?’ anzubringen.

Wenige Tage später kam ein Paket ohne Absender bei den Müllers an. Angelika, Frau Müller, überbrachte dieses in heller Aufregung sofort dem Anwalt, der es sehr vorsichtig öffnete. Sein entsetztes Gesicht veranlasste Frau Müller, ebenfalls ins Paket zu schauen; darin befanden sich hunderte von Würmern. Nachdem sich die beiden vom ersten Schrecken etwas erholt hatten, verliessen sie die Kanzlei und begaben sich auf die benachbarte Wiese, wo sie den gesamten Inhalt des Paketes ausleerten. Ganz zuletzt fiel ein in Plastik gewickeltes Blatt Papier aus dem Karton, das sich wohl auf dem Boden befunden haben musste. Diesem war Folgendes zu entnehmen:

Heute um 19.00 Uhr bei der alten Stricker Mühle.
20`000 Fr. in bar. Habt ihr gedacht, dass ihr das Geld nicht bezahlen müsst?
Kein Geld, oder Einschaltung der Polizei heisst kein Wiedersehen mit Vanessa.
Ihr habt Vanessas Schicksal selbst in der Hand.

Diese Drohung bedeutete nichts Gutes. Die Eltern wollten kein Risiko eingehen und befolgten die Anweisungen der Erpresser, ausser dass sie auch dieses Mal die Polizei einschalteten. Diese versteckten im Koffer mit dem Geld eine Wanze.

Zum vereinbarten Zeitpunkt begaben sich die Müllers zum Standort Mühle und warteten. Plötzlich tauchte ein Wagen aus der Dunkelheit auf und eine Person – der Gestalt an wohl ein Mann - vermummt mit einer schwarzen Maske, stieg aus. Kommentarlos übergaben die Müllers den Koffer und der Erpresser begab sich zurück zum Wagen. Es dauerte eine Minute, bis sich der Wagen wieder in Bewegung setzte und als dieser an den Müllers vorbei rollte, wurde das Fenster heruntergelassen und die Wanze zu ihren Füssen geworfen. Diesen stiegen die Tränen in die Augen, denn die Wanze war doch ihre grosse Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit ihrer Tochter.

Marco’s Entführung

Der Alltag ging am nächsten Tag wieder los, denn es war Montag. Der Bruder von Vanessa musste auch wieder zur Schule und wurde selbstverständlich von allen auf seine Schwester angesprochen: "Wo steckt sie? Kommt sie heute nicht zur Schule?" Marco gab ganz traurig und leise zur Antwort: "Vanessa ist entführt worden." Danach fing er an zu weinen. Alle waren ausser sich vor Entsetzen: "Was, sie ist entführt worden! Das kann doch nicht sein." Doch, leider war dies die Wahrheit.

Im Schulhaus Feld ging die Neuigkeit wie ein Lauffeuer durch die Klassen. Besonders die Schulkameraden waren sehr traurig, denn Vanessa war das beliebteste Mädchen der Klasse. Der Morgen ging wie im Fluge vorbei und Marco verabschiedete sich von seinen Schulkollegen, um sich auf den Heimweg zu machen. Nach kurzer Zeit fiel ihm auf, dass ihn ein Wagen verfolgte. Als er sich umdrehte sah er eine Person mit einer schwarzen Maske auf ihn zukommen. "Hilfe, Hilfe!", schrie Marco, so laut er nur konnte und wollte wegrennen. Aber schon hatte ihn die Gestalt gepackt. Marco konnte sich losreissen und als er ein paar Meter gerannt war, hörte er einen Schuss. Dann brach er zusammen und spürte einen brennenden Schmerz im Oberschenkel. Der Mann hob ihn auf und flüsterte ihm mit harscher Stimme ins Ohr: "Sei still, du Narr, sonst stirbt Vanessa." Er trug ihn zum Wagen und legte ihn auf den Rücksitz. Marco fühlte, wie ihm das Blut warm das Bein hinunterfloss.
Der Räuber lachte ganz hämisch und sagte: "Jetzt habe ich schon zwei Geiseln und bekomme nochmals ein Lösegeld. Du blöder Junge, wie heisst du denn?" "Ich heisse Marco", gab dieser zur Antwort. "Ach so, Marco ist dein Name. Dich erwartet noch eine Menge." Marco fragte ganz ängstlich, was dies zu bedeuten hätte. Der Entführer gab ihm mit rauher Stimme zur Antwort, dass er dies schon noch früh genug erfahren würde.

Das Unwetter

Im Stall der Entführer lag Vanessa immer noch am Boden. Sie hatte gerade bemerkt, dass ihr in der Zwischenzeit jemand die Ketten gelöst hatte. "Ist dies eine Falle, oder was kann das sein?", fragte sie sich. Sie hörte Stimmen im Nebenzimmer und lauschte an der Türe.

Eine der Stimmen kam ihr sehr bekannt vor. "Woowwhh, dass ist ja mein Bruder Marco!", sagte sie ganz leise vor sich hin und lauschte noch genauer. Sie bemerkte bald, dass auch dieser entführt worden war. Es ging ihr durch den Kopf, dass Mami und Papi nun ganz alleine zu Hause sitzen und sicher sehr, sehr traurig sind. Sie hoffte, dass sie beide von der Polizei bald gefunden würden. Plötzlich ging ein lauter Schrei durchs Gebäude. Das war Marco. Vanessa sprang hoch und riss die Türe auf. Sie sah, wie ein Mann ihren Bruder am Boden auspeitschte. Marco schrie weiter, sicher vor Schmerzen, und Vanessa schrie mit der Hoffnung, dass es jemand hörte. Sie wusste aber, dass der Stall weit vom Dorf entfernt war. Die Entführer liessen vor Schrecken einen Moment ab von Marco und es wurde still im Stall.

"Hat es doch jemand gehört?", fragte sich Vanessa, als sie Fusstritte bemerkte. Durch die Ritzen der Bretter sah sie einen Lieferwagen und eine Frau, die auf den Stall zugelaufen kam. Diese sagte mit kräftiger Stimme: "Ist hier jemand?" Vanessa wollte gerade Antwort geben, als ihr einer der Entführer mit seiner kräftigen Hand den Mund zudrückte. Die Frau kam immer näher und schaute durch eine Ritze ins Innere.
Als sie die Entführer mit den beiden Kindern sah, griff sie sofort zum Mobiltelefon und rief dem Notruf 117 an. Das bekamen die beiden Entführer natürlich mit, fesselten die beiden Kinder und verklebten ihnen den Mund. Einer der Entführer forderte die beiden Kinder auf, ihm durch das Hintertürchen des Stalls in den Wald hinein zu folgen. Sie marschierten lange ganz tief in den Wald hinein bis er ein gutes Versteck hinter einer grossen Tanne fand, wo sie sich hinsetzen mussten. Dann fing es an zu regnen.

Als die beiden Dienst habenden Polizisten von Grabs, Leo Gschwend und Röbi Bühler, am Stall eintrafen, erklärte die Frau ihnen, was vorgefallen war. Diese stürmten daraufhin das Gebäude, und der eine Täter konnte nach kurzer Verfolgungsjagd gestellt werden. Trotz Handschellen gelang es ihm irgendwie, den Polizisten, die sich kurz bei der Frau bedanken wollten, zu entwischen und mit dem Lieferwagen zu flüchten. Die Grabser Polizisten forderten zwar umgehend Unterstützung von weiteren Kollegen aus der Region an, die das ganze Gebiet mit Hunden absuchten, jedoch ohne Erfolg. Als es langsam eindunkelte und ein Sturm aufzog, wurde die Suchaktion abgebrochen.

Die beiden Verbrecher nahmen über’s Mobiltelefon zueinander Kontakt auf und fanden so im tiefen Wald wieder zueinander. Da sich der Regen immer mehr verstärkte, entschieden sich die Entführer, mit den beiden Kindern zum Stall zurückzukehren. Die Fesseln von Vanessa und Marco wurden überprüft und dann sperrte man sie in zwei verschiedene Räume ein. Dann fuhren die Entführer mit dem gestohlenen Lieferwagen weg. Aus dem Platzregen wurde ein heftiges Gewitter und plötzlich schlug ein Blitz in den Stall ein. Vanessa bemerkte, dass der hintere Teil des Stallanbaus zu brennen anfing. Sie hörte Schreie aus dem Nebenzimmer: "Vanessa, Vanessa, wo bist du?", schrie ihr Bruder verzweifelt. Sie versuchte, Marco zu helfen und schlug die Türe ein. In diesem Moment kamen die beiden Entführer zurück und bemerkten den Brand. Sie rannten in den Stall, der bereits mit beissendem Rauch gefüllt war, und befreiten die zwei Kinder. Diesen wurden einmal mehr die Augen mit einem Tuch verbunden und eine längere Busfahrt begann. Als der Bus endlich zum Stillstand kam, wurden die Kinder in einen warmen Raum geführt und ihnen wurden die Augenbinden abgenommen. Sie befanden sich in einem hübschen Wohnzimmer. Die durchnässten Kleider wurden an dem Ofen aufgehängt und einer der Entführer begab sich in die Küche, um ein Mahl zuzubereiten. Dieses schmeckte lecker, doch durch die Strapazen und die Aufregung des Tages schliefen Vanessa und Marco am Tisch noch während des Essens vor Erschöpfung ein. Die Entführer legten die beiden auf’s Sofa und die Kinder schliefen die ganze Nacht tief und fest.

Die Befreiung

Am nächsten Morgen wurden sie erneut gefesselt und die Augenbinden angelegt. Mit dem Bus ging es dann einmal mehr bergab- und bergauf weiter. Marco wurde ungeduldig und schrie: "Sind wir noch nicht da?". Vanessa versuchte, ihn zu beruhigen: "Es wird alles gut. Wir werden bald befreit werden." Die Fahrt dauerte zirka eine Stunde. "Zum Glück!", sagte Vanessa, als der Bus zum Stillstand kam "wir sind am Ziel!" Daraufhin meinte einer der Verbrecher: "Leider nicht, jetzt steht uns noch ein 2-stündiger Fussmarsch bevor". Der Weg führte bergaufwärts. Die Kinder hatten immer noch ihre Augenbinden auf und wussten daher nicht, wohin sie geführt wurden. Nach mühsamem Marsch kamen sie plötzlich zum Stillstand und durften sich hinsetzen. Die Augenbinden wurden ihnen abgenommen und sie bemerkten, dass sie sich in einer Höhle befanden. Es wurde eine Kerze angezündet, um etwas Licht in die Dunkelheit zu bringen. Draussen war es sehr neblig. Der eine Mann sagte mit rauher Stimme zu ihnen: "Wir gehen jetzt", und daraufhin verliessen die beiden die Höhle. Vanessa sagte zu Marco: "Ich glaube, hier findet uns niemand. Wir sind jetzt vollkommen verloren". Dann fingen beide an zu weinen.

Plötzlich hörten sie Stimmen, die immer näher kamen. Es hörte sich an, als ob es sich um mehrere Personen handelte. Marco kamen die Stimmen vertraut vor und er fragte Vanessa: "Könnte es sein, dass dies Jan’s Familie ist?" Vanessa war es völlig egal, wer sich da draussen befand, Hauptsache sie würden gefunden werden. So schrien sie beide aus der Höhle um Hilfe. Die Leute hatten scheinbar die verzweifelten Schreie gehört, denn Schritte näherten sich dem Höhleneingang. Es war tatsächlich Jan’s Familie! Vanessa und Marco wurden von ihren Fesseln befreit und es flossen Tränen auf beiden Seiten. Vanessa fragte dann die Eltern von Jan: "Wo sind wir hier eigentlich?" Der Vater erklärte ihr, dass sie sich am Seveler Berg befänden. Auf dem Weg nach Grabs erzählte Marco, was sie alles erlebt hatten. Als sie zu Hause ankamen, wurden Marco und Vanessa bereits von den Eltern sehnsüchtig erwartet. Die Mutter kochte den beiden heimgekehrten Kindern eine feine Mahlzeit und die Kinder genossen währenddessen ein warmes Bad. Es tat ihnen sehr gut, wieder daheim zu sein. "Ich habe es noch nie so fest gespürt wie heute, wie fest uns unsere Eltern lieben", sagte Vanessa später im Bett zu ihrem Bruder.

Der mysteriöse Besucher

Die Nachricht über die Befreiung der Kinder wurde im Fernsehen, Radio und in den Zeitungen bekannt gegeben. Auch im Schulhaus Feld breitete sich diese erfreuliche Nachricht wie ein Lauffeuer aus. Die Klasse von Vanessa schrieb ein Willkommensbrief an die wieder gewonnene Mitschülerin.
Zu Hause gab es am darauf folgenden Tag ein riesiges Fest. Als die Ruhe wieder einkehrte, fragte Vanessa ihre Mutter: "Wo ist eigentlich Frau Müller?" "Frau Müller?", fragte die Mutter erstaunt. "Ja, Frau Müller!", erwiderte Vanessa. Angelika, die Mutter von Vanessa überlegte kurz und gab zur Antwort: "Ich glaube, dass diese bereits vom Spital entlassen worden ist. Aber ich habe gehört, dass es ihr nicht so gut geht. Geh sie doch mal besuchen. Sie würde sich sicher freuen."

Vanessa fand dies eine super Idee und sie machte sich am nächsten Tag auf den Weg. Beim Blumenladen kaufte sie noch einen Blumenstrauss und begab sich zum Haus von Frau Müller. Auf ihr Klingeln hin öffnete niemand die Türe. Vanessa versuchte es noch drei Mal; erst dann wurde ihr geöffnet. Es war zu ihrer grossen Überraschung nicht Frau Müller, die ihr gegenüber stand, sondern ihr Lehrer. Sie fragte diesen erstaunt, wo denn Frau Müller sei. "Ich bin bei Frau Müller zu Besuch", erwiderte dieser. "Darf ich reinkommen?", fragte Vanessa daraufhin. "Ja, selbstverständlich, aber nur, wenn Du Frau Müller nicht zu viele Fragen stellst", meinte der Lehrer. Vanessa nickte und trat in die Wohnung ein. Sie gingen den Gang entlang und bevor sie ins Wohnzimmer eintraten, sagte der Lehrer nochmals mit ernster Mine zu Vanessa: "Und denk daran: nicht zu viele Fragen! Verstanden?" Vanessa nickte. Er öffnete die Türe und Vanessa sah Frau Müller krank und weinend auf dem Bett liegen. Sie ging auf Frau Müller zu, gab ihr die Hand und fragte nach ihrem gesundheitlichen Befinden. Diese antwortete: "Es geht mir gut, danke, ich bin nur gestolpert." Vanessa konnte ihr diese Worte nicht glauben, denn sie kannte doch die Vorgeschichte. "War mit der Operation etwas nicht in Ordnung?", fragte sie Frau Müller leise. Diese beantwortete die Frage nicht. Der Lehrer schaute Vanessa ermahnend an und diese stellte keine weiteren Fragen mehr. Sie überreichte Frau Müller den Blumenstrauss; diese freute sich darüber sehr und konnte scheinbar ihr Leid kurz vergessen. Vanessa verabschiedete sich dann von Frau Müller und ihrem Lehrer und machte sich auf den Heimweg. Vanessa liess der Gedanke nicht los, weshalb ihr Lehrer bei Frau Müller zu Besuch war.

Der Auftrag

Am nächsten Morgen machte sich Vanessa auf den Weg zur Schule. Zuerst begrüsste die ganze Klasse Vanessa mit dem Willkommensbrief. Während der Schulzeit benahm sich der Lehrer gegenüber Vanessa sehr merkwürdig. Diese störte sich aber an diesem Benehmen nicht und genoss die Zeit mit ihren Schulkameraden sehr. Zu Hause war immer noch ein grosses Kommen und Gehen. Unter anderem kam die Polizei, um das Haus zu durchsuchen und Vanessa nach dem Tathergang zu befragen. Am Abend erreichte sie ein Telefonanruf des Lehrers, der mitteilte, dass er sich krank fühle und am nächsten Tag kein Schulunterricht stattfinden werde. "Aha, dann wünsche ich Ihnen eine gute Besserung. Auf Wiederhören!", sagte Vanessa und legte den Hörer auf.

Da sie ja keine Schule hatte, plante sie am nächsten Tag einen Stadtbummel. Sie packte 20 Fr. und ihr Handy ein, bevor sie sich auf den Weg machte. In der Stadt bemerkte sie einen neuen Kleiderladen, den sie unbedingt "erkunden" musste. Beim Durchstöbern der vielen Kleider bemerkte sie eine Jeans, die ihr super gefiel. Sie probierte diese in ihrer Grösse und sie passte wie angegossen. An der Kasse bemerkte Vanessa, dass die Hose 54 Fr. kostete; sie jedoch nur 20 Fr. bei sich trug. Dies versuchte sie der Verkäuferin zu erklären. Ein Mann hinter ihr hörte scheinbar das Gespräch mit an, denn er sagte zu Vanessa: "Ich könnte dir das Geld geben, aber nur wenn du mir einen Gefallen tust". Vanessa überlegte nicht lange und sagte: "Dankeschön." Der Mann bezahlte den fehlenden Betrag und beide verliessen das Geschäft. Draussen sah Vanessa dem Mann zum ersten Mal richtig ins Gesicht und erschauderte. Dieses war voll mit Narben. Die Freude an der Hose war ihr augenblicklich vergangen. Der Mann begann, ihr die Aufgabe für das fehlende Geld zu erklären.

Vanessa bemerkte sofort, dass es sich um keinen guten Auftrag handeln konnte – aber sie konnte nicht mehr zurück.

Ihre Aufgabe war nämlich, bei einem Überfall mitzuhelfen. Auf dem Heimweg und abends im Bett ging ihr der Anblick des Mannes nicht aus dem Sinn. Auch der Auftrag, bei einem Überfall mitzuhelfen, ging ihr nicht mehr aus dem Gedächtnis. Hatte dieser Mann wohl etwas mit der Entführung zu tun, fragte sich Vanessa. Sie konnte schlecht schlafen und beim Frühstück bemerkte ihre Mutter ihr komisches Verhalten. Als die Familie das Morgenessen eingenommen hatte, nahm die Mutter Vanessa zur Seite und fragte sie: "Was ist eigentlich mit Dir los? Hast Du schlecht geschlafen?" Vanessa lief rot an: "Es ist nur wegen der Entführung... diese geht mir einfach nicht aus dem Kopf." Sie konnte ihre Mutter somit etwas beruhigen, die ja nicht ahnen konnte, in welche dubiosen Geschäfte Vanessa verstrickt war. Das Treffen mit dem Mann war für den darauf folgenden Tag um 13.00 Uhr in der alten Mühle vereinbart worden.

Der Banküberfall

Vanessa war pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt am Ort. Ihre Knie zitterten und sie hatte grosse Angst. Der Mann kam etwas später und war nicht alleine, denn aus dem Wagen stieg noch ein Komplize. Vanessa stand fast das Herz still, als sie bemerkte, dass dies ihr Lehrer war. Jetzt wurde so manche offene Frage beantwortet. Es wurde alles klar: der Lehrer ist ein Verbrecher! Sie konnte nun nicht mehr entkommen und musste beim Einbruch in die Bank mitmachen.

Dann fuhren Sie mit dem Auto direkt neben den Eingang der Raiffeisenbank in Grabs. Vanessa hatte den Auftrag, so zu tun, als ob sie etwas in der Bank abholen müsste. In der Bank befand sich nur eine Dame hinter dem Schalter; die anderen Schalter waren geschlossen. Vanessa musste sie ablenken, was ihr auch hervorragend gelang. Währenddessen drangen die beiden Männer in die Schalterhalle vor und überwältigten die Bankangestellte. Dann leerten Sie die Kassen und füllten sämtliches Geld in Säcke ab. Vanessa wurde in ein Nebenzimmer eingesperrt. Unbemerkt konnte die Bankangestellte scheinbar den Alarm auslösen, denn als die Täter das Gebäude verlassen wollten, wurden sie von der Polizei bereits in Empfang genommen. Sie wurden gefesselt und abgeführt. Die Polizei befreite die Bankangestellte von den Fesseln und auch Vanessa wurde im Nebenzimmer ausfindig gemacht. Für Vanessa ging dieser anrüchige Auftrag mit einem blauen Auge zu Ende. Die Eltern waren einmal mehr überglücklich, dass ihre Tochter heil zu ihnen zurückkehrte. Andererseits waren diese erschrocken über die mysteriöse Abmachung, die Vanessa hinter ihrem Rücken abgeschlossen hatte.

Die beiden Täter wurden wegen schwerer Körperverletzung und versuchtem Raub zu mehrjähriger Zuchthausstrafe verurteilt. Da Vanessa noch nicht volljährig war und sie zu dieser Tat gezwungen wurde, konnte sie nicht bestraft werden.

Trotz des glücklichen Ausgangs für Vanessa hatte die Geschichte noch einen traurigen Nachgeschmack. Am nächsten Tag erreichte nämlich die Familie die schreckliche Nachricht, dass sich Frau Müller das Leben genommen hatte.


Alle Rechte vorbehalten Buchprojekt: Schulhaus Feld, Grabs, CH